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  • AutorenbildKathrin Aßländer

Nr. 67, Juli 2023: Im Kontakt sein

Von der Qualität unserer Begegnungen




Liebe Leser:innen,


jeden Tag begegnen wir Menschen, führen Gespräche, halten vielleicht Vorträge, bekommen oder geben Arbeitsanweisungen. Jeden Tag aufs Neue gehen wir in Beziehung zu unseren Mitmenschen. Jeden Tag haben wir die Möglichkeit unsere Beziehungen zu verbessern und damit erfolgreicher und glücklicher zu werden.

Ich möchte Sie heute einladen, den Fokus auf die Qualität unserer Begegnungen zu lenken.


Viele unserer Begegnungen finden auf einer gewissermaßen oberflächlichen Ebene statt. Im Alltag haben wir eine Art „emotionale Schutzmauer“ um uns herum, wenn wir mit Menschen zusammenkommen. Das ist erst mal gut und hilfreich. Im Supermarkt beispielsweise möchten wir eher nicht die Befindlichkeiten aller Personen um uns herum erspüren, mit allen Menschen in Kontakt kommen. Auch gibt es Situationen von unangenehmen Begegnungen, in denen wir uns ganz bewusst abschirmen. Unsere Sprache hat dafür schöne Bilder wie: „Ich lasse jemanden/etwas nicht so nah an mich heran“ oder „ich schirme mich gut ab“. „Jemand war distanziert zu mir.“ Diese Schutzmauern verhindern, dass wir wirklich in Kontakt kommen mit unseren Mitmenschen. Wenn ich mich einem anderen Menschen öffne, mache ich mich verletzbar. Dies erfordert Mut.


Was haben wir davon, wenn wir das ändern?


Unsere Mitarbeitenden, Geschäftspartner, unsere Kund:innen, alle Menschen, denen wir begegnen senden nonverbal Botschaften aus. Dies ist ein riesiger Schatz, wenn es uns gelingt, diese wahrzunehmen und zu entschlüsseln. Wir entdecken so Potenziale unserer Mitarbeitenden, wir sind in der Lage empathischer auf ihre Situation einzugehen und fördern schlussendlich ihre Motivation. In schwierigen Gesprächen oder Konfliktsituationen erhalten wir wichtige Informationen, wenn wir unsere Wahrnehmung ausweiten. Unsere Mitmenschen fühlen sich besser gesehen, wahrgenommen und damit mehr wertgeschätzt.


Wie können wir das lernen?


Der erste Schritt ist der Weg nach innen. Hier eine kleine Übung dazu:

Setzen Sie sich bequem hin. Es kann hilfreich sein, dafür die Augen zu schließen. Richten Sie jetzt die Aufmerksamkeit nach innen und fragen Sie in Richtung Körpermitte: „Wie geht es mir gerade?“ Warten Sie auf eine körperliche Antwort. Unser Kopf antwortet gewöhnlich sehr schnell und ist gerne mal ein bisschen „vorlaut“. Wir suchen hier ein körperliches Gefühl. Wenn es nicht ganz wohl ist im Inneren, taucht vielleicht ein Thema, ein Grund auf, warum es nicht ganz wohl ist. Auch das ist willkommen. Konzentrieren Sie sich dann wieder auf den Körper. Was ist jetzt in diesem Moment wahrnehmbar?


Ziel dieser Übung ist nicht, eine Lösung zu finden oder ein Wohlbefinden (wieder) herzustellen. Es geht um die bewusste Körperwahrnehmung. Wenn ein unangenehmes Gefühl da ist, schieben wir das gewöhnlich weg. Jetzt lade ich sie dazu ein, alles, was sich jetzt gerade zeigt, willkommen zu heißen. Egal was da entsteht, es darf jetzt sein. Wer schon mit Systemaufstellungen gearbeitet hat, kennt diese Form der Körperwahrnehmung schon ein bisschen.


Wenn wir diesen ersten Schritt gegangen sind, können wir die Wahrnehmung erweitern auf die Beziehungsebene. Das geht entweder, indem Sie sich an eine bemerkenswerte Begegnung in der jüngeren Vergangenheit erinnern, oder in einer realen Begegnung. Fragen Sie auch hier bewusst in ihren Körper hinein: „Was geschieht in meinem Körper, wenn ich mit diesem Menschen bin? Ist meinem Körper diese Begegnung angenehm? Passt der (räumliche) Abstand zu dieser Person?“


Als drittes können Sie Ihre Aufmerksamkeit nun noch auf die Person, die Ihnen da gegenübersteht, richten: „Was ist jenseits der gesprochenen Worte wahrnehmbar? Wie geht es der Person, die mir gegenübersteht, wirklich?“ Wichtig ist auch hier: Sie fragen ihren Körper, nicht ihren Verstand. Richten Sie die Aufmerksamkeit in Richtung Körpermitte und geben Sie ihrem Körper etwas Zeit. Lassen Sie ein körperliches Gefühl zu dieser Person entstehen. Diese Form der Wahrnehmung ist ein Lernprozess und braucht am Anfang möglicherweise Zeit.


Gene Gendlin, der Begründer von Focusing, nennt diese körperlich spürbare Bedeutsamkeit einer Begegnung, Situation oder einem Thema den „Felt Sense“.

Mit dieser sensibilisierten Wahrnehmung schaffen Sie ganz leicht eine wirklich bemerkenswerte Veränderung in Ihren Beziehungen mit Mitarbeitenden, im Kundengespräch oder natürlich auch im Privatleben. Probieren Sie es aus und wenn Sie mögen, lassen Sie uns an Ihren Erfahrungen teilhaben. Wir würden uns freuen!


Wenn Sie Focusing besser kennenlernen möchten, vereinbaren Sie gerne einen Termin mit mir.


Mit sommerlichen Grüßen


Ihre Kathrin Aßländer



 

Praxis-Tipp


Etablieren Sie ein kurzes Morgenritual, vielleicht wenn sie an ihrem Arbeitsplatz ankommen oder wie es in Ihren persönlichen Alltag gut reinpasst:


Lassen Sie den Raum und sich selbst in diesem Raum…an diesem Tag…mit allem, was heute schon war und mit all den Aufgaben, die noch vor Ihnen liegen, nach innen wirken.


Spüren Sie in ihre Körpermitte und nehmen Sie einfach nur wahr: „So geht es mir gerade.“ Ohne Bewertung, ohne etwas wegzuschieben…

Wichtig ist: Es darf alles sein. Auch nichts wahrzunehmen ist in Ordnung. Dann sagen sie sich einfach „im Moment ist es da drinnen ganz still“.

 

Für Sie gefunden

„Wie du bist, wenn du auf mich wirkst, ist schon durch mich beeinflusst, aber nicht wie ich gewöhnlich bin, sondern durch mich, wie ich geschehe mit dir“


Gene Gendlin: „Ein Prozess Modell“ 2015


 

Für Sie gelesen


„Focusing – Der Stimme des Körpers folgen: Anleitungen und Übungen zur Selbsterfahrung“ von Ann Weiser Cornell, erschienen 1997 bei Rowohlt


Die Autorin ist eine der bekanntesten Focusing-Trainerinnen weltweit. Das Buch gibt einen guten Einblick in diese Arbeit und motiviert, die Weisheit des eigenen Körpers mehr zu nutzen.



 


Aktuelle Termine


Curriculum „Gut geführt“

Sie können alle Seminare auch als Einzelkurs buchen. Das sechsteilige Curriculum kann mit jedem Seminar begonnen werden.






Curriculum "Gut aufgestellt" – Systemaufstellungen

Die Ausbildung zum:r Zertifizierten Systemaufsteller:in kann mit jedem Kurs begonnen werden. Jeder Kurs kann auch einzeln gebucht werden. Jeweils am Freitag oder Samstag ist es möglich, als Tagesteilnehmer ein berufliches oder privates Anliegen aufzustellen.


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