Nr. 79, Dezember 2025: produktive Störung
- Judith Aßländer

- vor 1 Tag
- 3 Min. Lesezeit
"Weihnachten: Die produktive Störung die wir brauchen"

Bild von wirestock auf Freepik
Liebe Leser:in,
Weihnachten ist jedes Jahr dieselbe Störung.
Und genau deshalb so heilsam.
Plötzlich funktioniert nichts mehr so wie sonst. Unsere Routinen brechen, die Rollen verrutschen und Erwartungen tanzen wirr durch den Raum. Wir finden uns wieder im elterlichen Familiensystem ein und sind plötzlich nicht mehr 50 sondern15. Die erwachsenen Kinder schauen traurig, wenn die Kleinen Lego auspacken und sie keines bekommen. Und die Hälfte der Freunde haben vergessen, dass wir uns nichts schenken wollten, was eine Mischung aus Verlegenheit und Ärger auslösen kann. Unsere Systeme, ob Familie, Arbeit oder alle Systeme gemeinsam, bewegen sich.
Manchmal ganz sanft, manchmal zu heftig.
Viele nennen das Stress.
Neurobiologisch ist es etwas anderes: die beste Einladung zur Veränderung.
Denn unser Gehirn bildet nicht in der Sicherheit neue Verknüpfungen.
Sondern im Moment der Irritation.
Wenn wir nicht wissen, wie es ausgeht.
Wenn ein System wackelt.
Wenn wir an einem Punkt stehen, an dem das Alte nicht mehr trägt und das Neue noch nicht da ist.
Weihnachten inszeniert genau diesen Übergang jedes Jahr neu.
Die Weihnachtsgeschichte selbst ist dafür eine perfekte Fallstudie:
Eine hochschwangere Frau ohne Unterkunft: Führung im Zustand maximaler Ungewissheit.
Ein Stern, der nicht befiehlt, sondern nur Orientierung anbietet: Navigation ohne Kontrolle.
Hirten, die einem Impuls folgen, den sie selbst kaum verstehen: Resonanz statt Planung.
Ein verletzliches Neugeborenes, das Transformation auslöst: Führungsstärke durch Sinn, nicht Macht.
Unser Gehirn reagiert auf solche Momente wie eine Werkstatt, die in der Nacht Licht macht.
Wenn wir nicht wissen, wie es ausgeht, entstehen die stärksten neuronalen Verbindungen.
Unsicherheit ist nicht das Problem – sie ist der Impuls, der uns weiterverdrahtet.
Vielleicht erzählt die Weihnachtsgeschichte deshalb weniger von Frieden als von einer produktiven Verunsicherung, die Sinn stiftet.
Vielleicht erinnert sie uns daran, dass wir uns mitten in der Störung neu entscheiden können, wohin unser inneres Licht fällt.
Und vielleicht ist das auch die Einladung dieser Zeit: nicht nach Harmonie zu suchen, sondern nach dem Ort, an dem das Neue – so fragil es beginnt –Platz finden kann.
Wenn also dein Weihnachten eher bewegend als ruhig wird, so wünsche ich dir, dass du Raum findest, darin das Wunderbare, Neue, und Lebendige zu erkennen.
Weihnachtliche Grüße von
Judith
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Nimm an einem der kommenden Tage 3 Minuten Zeit und frage dich:
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